Verstirbt der geschiedene Ehegatte eines Beamten oder Soldaten, ohne eine eigene Rente bezogen zu haben, kann die Kürzung der Versorgungsbezüge erst aufgehoben werden, nachdem ein Antrag gestellt wurde. Eine Rückabwicklung der schon erfolgten Kürzungen bleibt auch dann ausgeschlossen, wenn der Tod des geschiedenen Ehegatten nicht bekannt war.
Das am 1.9.2009 in Kraft getretene Versorgungsausgleichsgesetz findet auf die beiden Streitfälle Anwendung, weil die Kläger ihre Anträge erst nach diesem Datum gestellt haben. Nach den Regelungen des Versorgungsausgleichsgesetzes ist – anders als nach dem bis dahin geltenden Versorgungsausgleichshärtefallgesetz – eine rückwirkende Aufhebung der Kürzung ausgeschlossen. Dies ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, und zwar auch dann, wenn der geschiedene Ehegatte vor seinem Tode keine Rentenleistungen bezogen hat. Der Grund hierfür liegt in dem Institut der Ehe, das auch nach der Scheidung rechtliche Wirkungen entfaltet. Mit der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich wird das individuelle Risiko des frühen Versterbens endgültig und dauerhaft auf beide Ehegatten verteilt. Eine Ungleichbehandlung gegenüber nicht Geschiedenen sowie gegenüber Geschiedenen, die vor dem 1.9.2009 von dem Tod des früheren Ehegatten erfahren haben, liegt ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.
Die sich aus der gesetzlichen Regelung mittelbar ergebende Obliegenheit, das weitere Lebensschicksal des geschiedenen Ehegatten zu verfolgen, ist auch verhältnismäßig. Aufgrund der eingegangenen Ehe steht der Beamte oder Soldat in größerer Nähe zu den maßgeblichen Umständen als der Dienstherr. Außerdem steht ihm regelmäßig ein Auskunftsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger des anderen Ehegatten zu.
Az 2 C 20/14 und 2 C 48/13, Urteil vom 19.11.2015, BVerwG-Pressemitteilung